Grand Tour

Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Engagement schafft zusammenhalt Frau Ministerin, wir lesen und diskutieren derzeit viel über soziale Spaltung, über aufkommende Zukunfts- ängste, über Populismus und Hass. Obwohl es dem Land objektiv gut geht, scheint der gesellschaftliche Zusammenhalt zu bröckeln. Stellt das auch die Zivilgesellschaft mit ihren engagierten Menschen und gemeinnützigen Organisationen vor besondere Herausforderungen? Ja. Ich komme in Stadtteile, in denen rechtsextremes Gedankengut mit Symbolen offen zur Schau getragen wird. Wer sich dort für die Demokratie engagiert, braucht Mut. Auch anderswo und nicht zuletzt im Netz werden Enga- gierte beschimpft und angegriffen. Dabeizubleiben, standhaft zu bleiben und für sich und andere Unterstützung zu organisieren, wird wichtiger und ist alles andere als selbstverständlich. Gut, dass die Zivilgesellschaft in Deutschland stark, lebendig und selbstbewusst ist! Über 30 Millionen enga- gierte Bürgerinnen und Bürger wirken der Spaltung entgegen. Dort, wo Menschen einander im Engagement begegnen, wo sie sich umeinander kümmern und füreinander da sind, entsteht Zusammenhalt. Dort ist dann auch weniger Platz für Populismus und Menschenfeindlichkeit. Mit diesem Engagement im Rücken mache ich mir um unser lebenswertes, vielfältiges und demokratisches Land keine Sorgen. Aber Engagement kommt und bleibt nicht von selbst. Wir müssen uns gut um die Engagierten kümmern. Indem wir Engagement wertschätzen, sichtbar machen und gute Rahmenbedingungen schaffen. Wir – das sind die gemeinnützigen Organisationen, aber auch der Staat. Deshalb haben wir entschieden, dass das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ entfristet wird und weiterlaufen soll. Daher unterstützt das Bundesfamilienministerium die Engagierten Städte. Wir kümmern uns um die Kümmerer. Wie müssen Staat, Wirtschaft und gemeinnützige Organisationen in einer immer komplexeren Gesellschaft zusammenarbeiten? Brauchen wir andere, möglicherweise moderne Co-Produktionen im Gemeinwesen? Um es an einem Beispiel konkret zu machen: Wir brauchen gut bezahlte Pflegekräfte und gut bezahlte Erziehe- rinnen und Erzieher. Auch die Fachkräfte in den sozialen Berufen sind Kümmerinnen und Kümmerer, um die wir uns kümmern müssen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern und Gewerkschaften, Trägern, Unter- nehmen und dem Staat, die ein Umdenken erfordert. Zusammenarbeit ist bei der Aufwertung der sozialen Berufe wichtig, aber auch für die Rahmenbedingungen des bürgerschaftlichen Engagements. Wie gut es funktionieren kann, Hand in Hand und auf Augenhöhe Mittel und Kenntnisse zu bündeln, zeigt die Engagierte Stadt. Bürgerschaftliches Engagement ist nämlich eine unverzichtbare Ergänzung zum Hauptamt. Ein Beispiel ist das Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“. Bisher bringt es geflüchtete und hier lebende Menschen zusammen. Wir öffnen dieses Programm jetzt für alle, die Patenschaften gebrauchen können. Denn ob Ehren- amtliche oder Fachkräfte: Immer sind die Menschen und die persönlichen Kontakte entscheidend. Zwischenstopp bei  Photothek/Inga Kjer 16

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