Grand Tour

Wege zu einer kommunalen Engagementstrategie Jede der rund 11.000 deutschen Städte und Gemeinden unterstützt Bürgerengagement. Oft geschieht das nach dem Gießkannenprinzip und nennt sich Vereins- oder Ehrenamtsförderung. Manchen weitsichtigen Kommunen reicht das nicht. In den Engagierten Städten Flensburg und Bocholt wollen die Gewählten raus aus der Beliebigkeit – und verpassen sich selbst feste Regeln. Und die Bürgerschaft redet dabei mit. Über den Weg zu einer kommunalen Engagementstrategie sprachen wir mit Svenja Mix vom Team Engagement und Beteiligung der Stadt Flensburg, Miriam Kohlsdorf von der SBV-Stiftung Helmut Schuman, dem dortigen Träger des Programms Engagierte Stadt, und mit Rainer Howestädt, dem Freiwilligenkoordinator der Stadt Bocholt. Mal ganz offen gefragt: Bürgerengagement passiert doch sowieso. Wozu braucht eine Stadt eine verfasste Engagementstrategie? Rainer Howestädt: Nach den Buchstaben des Gesetzes ist die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements eine freiwillige Aufgabe von Städten und Gemeinden. Wenn sich die Kassenlage einer Kommune bedrohlich zuspitzt, gehen in der Regel zuerst diese Leistungen über Bord. Wir in Bocholt wollten die Engagementförderung langfristig absichern. Dabei hilft ein Prozess, der auch in einen politischen Beschluss führt. Svenja Mix: Bei uns in Flensburg war die Ausgangslage anders. Schon 2013 beschloss der Rat, Leitlinien für die gesamte Stadtentwicklung als ein Instrument zur langfristigen Orientierung für Politik und Bürger zu entwi- ckeln. Das nennt sich Flensburg-Strategie. Es entstanden acht Globalziele, die es dann mit Leben zu füllen galt. Eines dieser Globalziele lautet: „Flensburg will Dein Engagement – und macht es möglich.“ Übrigens steht es unter den acht Zielen an erster Stelle. „Mit Leben füllen“ – was heißt das in der Praxis? Miriam Kohlsdorf: Das setzt sich aus einer Fülle von Aktivitäten zusammen. Wir in Flensburg haben beispiels- weise vier Beteiligungsveranstaltungen für unterschiedliche Akteursgruppen angeboten: für freie Initiativen, für die klassische Vereinswelt, für Engagementinteressierte und für die Verwaltung. Jedes Forum trug eine eigene Fragestellung. Aus den Ergebnissen entsteht nun ein Thesenpapier. Dieses wiederum wird in einem Workshop mit der Politik und in einem Seminar an der Uni weiterentwickelt. Svenja Mix: ... und Ende 2018 haben wir dann hoffentlich nicht nur ein abstraktes Strategiepapier, sondern ein Bündel konkreter Maßnahmen für eine dauerhafte Engagementförderung. Anfang nächsten Jahres wollen wir dann eine Konferenz dazu abhalten. Im Frühjahr kann der Stadtrat beschließen. So zumindest der Plan. Rainer Howestädt: In Bocholt machen wir es natürlich im Detail anders, aber dahinter steckt das gleiche Prinzip. Wir sind mit einer großen Auftaktveranstaltung gestartet, aus der heraus sich dann vier Arbeitsgemeinschaften gebildet haben: Bildung und Qualifizierung, Nachwuchsgewinnung, Einbindung der Wirtschaft und Öffentlichkeits- arbeit. Die Ergebnisse haben wir in einer Vorlage gebündelt, die unser Sozialausschuss trotz sechs verschiedener politischer Fraktionen einstimmig beschlossen hat. Das Ende der Gießkanne Flensburg Bocholt 50 | Strategie & Netzwerke

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