Grand Tour

Der Name ist Programm: „Über Zaun und Grenze“. So hat das Caritas-Freiwilligenzentrum in Neustadt (Aisch) und Bad Windsheim sein Konzept im Rahmen der Engagierten Stadt genannt. Über den Zaun – das steht für Nachbarschaftshilfe. Über die Grenze – dahinter verbergen sich Integrationshilfen für Geflüchtete. Nachbar- schaft und Integration in einem Projekt? Das soll funktionieren? „Und ob das funktioniert“, lacht Dorothea Hübner, die das kombinierte Programm erdacht hat und als Netzwerkerin koordiniert. „Die Tätigkeiten von Freiwilligen in der Nachbarschafts- und in der Flüchtlingshilfe unterscheiden sich in der Praxis gar nicht so stark“, berichtet sie. In beiden Fällen gehe es oft um Alltagshilfen wie Fahrdienste, Unterstützung bei Behördengängen und nicht zuletzt auch einfach um persönliche Zuwendung. Zwei Gemeinden im Landkreis – Scheinfeld und Burghaslach – waren sofort begeistert von der Idee. Dorothea Hübner überließ nichts dem Zufall. Sie organisierte Gespräche mit den Bürgermeistern, klärte die wichtigen Fragen nach Kosten und Voraussetzungen in den Gemeinderäten. Dann wurden Koordinatorinnen eingesetzt, in einem Fall die Senioren- und Behindertenbeauftragte, im anderen eine engagierte Frau aus dem Kirchenvorstand. In weiteren Planungstreffen half eine Rechtsanwältin, die selbst schon eine Nachbarschaftshilfe aufgebaut hat, bei den rechtlichen Fragen. Über eine anschließende Fragebogenaktion gelang es allein in einer Kommune, rund 60 neue Freiwillige für das Kombi-Engagement zu gewinnen. „Entscheidend ist, dass wir niemals zu einer bestehenden Organisation in Konkurrenz treten“, berichtet Dorothea Hübner. „Wir sorgen lediglich für die Vernetzung, für fortlaufende Infor- mationen und Schulungsangebote. Die Aktivitäten vor Ort gestalten die Organi- sationen in eigener Regie.“ Inzwischen hat der Gang über Zaun und Grenze eine eigene Dynamik angenommen. In einer dritten Kommune sind beispiels- weise die Frauen einer Nordic-Walking- Gruppe aktiv geworden, bieten Mittag- essen an, zu denen sowohl neue als auch alte Nachbarn eingeladen sind. An anderer Stelle ist ein Secondhandladen mit Begegnungscafé entstanden. Dort kommen Sachspenden aus der Flücht- lingshilfe nun auch Bedürftigen ohne Migrationshintergrund zugute. Dorothea Hübner bringt es auf den Punkt: „Unser Ziel ist ein ganzheitliches Hilfenetz für alte und neue Nachbarn.“ Das funktioniere nicht, indem man neue Einzelprojekte erfinde. Bestehendes Engagement auf pfiffige Weise zu einem ganzheitlichen System verbinden, lautet die Devise im fränkischen Landkreis. Engagierte Stadt pur. Hilfe über Zaun und Grenze Begegnung über Zaun und Grenze, hier im Neustädter Stadtgarten. Dorothea Hübner Neustadt (Aisch) und Bad Windsheim 32 | Integration

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