Neues für die engagierte Stadt

Bundeskanzlerin bei Ehrenamtsempfang in Heidenheim

Hoher Besuch im Congress Centrum: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel kam 11. Mai nach Heidenheim, um dem Ehrenamt die Ehre zu geben.

Mehr als 1000 Ehrenamtliche waren zu der gemeinsamen Veranstaltung von Stadt und Landkreis Heidenheim gekommen, bei welcher vier Vertreter des Ehrenamts ihre Arbeit vorstellten und unter Moderation von Dr. Hendrik Rupp (Redaktionsleiter Heidenheimer Zeitung) mit der Kanzlerin, Landrat Thomas Reinhardt und Oberbürgermeister Bernhard Ilg ins Gespräch kamen. Die richtigen Argumente für die Reise der Bundeskanzlerin nach Heidenheim hatte der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter gefunden – und diese Argumente, nämlich das ganz besondere ehrenamtliche Engagement ebenso wie der strukturierte Aufbau von Netzwerken im Kreis Heidenheim, seien offenbar überzeugend gewesen, so der Oberbürgermeister bei der Begrüßung der Gäste. Ilg zufolge gibt es Vereine und die Förderung des Bürgerengagements zwar überall in Baden-Württemberg, verwies aber gleichzeitig auf einen entscheidenden Unterschied: „Was wir in Heidenheim offensichtlich besser hinbekommen und auch früher angepackt haben als andere, ist der organisierte Aufbau von Strukturen und die Entfaltung von Partnerschaften und Netzwerken.“ Er belegte diese Aussage mit dem Hinweis auf das Integrationszentrum Heidenheim, in dem die Flüchtlingsbetreuung von allen zuständigen Stellen koordiniert stattfindet. Dieses Modell sei beispielgebend für ganz Deutschland.

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Besuch im Congress Centrum Heidenheim beim Ehrenamtstag
Fotograf: Oliver Vogel

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich beeindruckt von der großen Zahl an Ehrenamtlichen, die ins Congress Centrum gekommen waren – und das, obwohl sie wisse, dass das Ehrenamt in Baden-Württemberg tief verankert sei. „Sie sind ein tolles Stück Deutschland“, wandte sich die Kanzlerin dankend an die Gäste. Das Ehrenamt sei ein Gewinn für die Gesellschaft.

Welche Bedeutung das Ehrenamt hat, wurde an diesem Nachmittag von allen Rednern vielfach betont. Was das Ehrenamt in der Praxis leistet und wo bisweilen der Schuh bei den Ehrenamtlichen drückt, schilderten Uli Steeger (Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands Heidenheim), Dorothee Raspel (Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement und Demografie „Ich für uns“ der Stadt Heidenheim),  Dr. Peter Wengefeld (Freundeskreis Asyl im Landkreis Heidenheim) und Dr. Volker Wiedenmann (Vorsitzender Heidenheimer Sportbund 1846 e.V.).

Uli Steeger hob hervor, dass die Feuerwehr im gesamten Landkreis Heidenheim zu 100 Prozent ehrenamtlich agiert – in insgesamt 40 Einsatzabteilungen versehen 1450 Frauen und Männer ihren Dienst, leisten Hilfe und sind darüber hinaus eine wichtige Säule der Dorfgemeinschaften. Hinzu kommen sieben Werkfeuerwehren mit 180 Angehörigen. Wie Steeger deutlich machte, sind die aktuellen Zahlen der ehrenamtlichen Einsatzkräfte noch in Ordnung, jedoch werde sich dies etwa aufgrund der demographischen Entwicklung ändern. Er plädierte dafür, die Wertschätzung für den ehrenamtlichen Feuerwehrdienst durch konkrete Maßnahmen zu erhöhen, wobei die Unterstützung der Politik benötigt werde. Als ein Beispiel nannte Steeger die Einführung von Punkten, die den Feuerwehrangehörigen für die Rente angerechnet werden.

Die „Caring Community“ Heidenheim wurde von Dorothee Raspel vorgestellt. Ziel sei eine fürsorgende Gemeinschaft mit lebendigen Nachbarschaften, in der jeder Mensch Verantwortung für andere übernimmt oder übernehmen kann. Wie das umgesetzt werden kann, hat die Koordinierungsstelle für Bürgerschaftliches Engagement und Demografie „Ich für uns“ der Stadt Heidenheim in Zusammenarbeit mit dem Partner Duale Hochschule in einem Konzept zusammengestellt – umgesetzt wird dieses Konzept von „Ich für uns“ und der Familienbildungsstätte in Heidenheim. Insbesondere werden hierbei neue Formen von Nachbarschaftshilfe implementiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Besuch im Congress Centrum Heidenheim beim Ehrenamtstag
Fotograf: Oliver Vogel

In den Fokus genommen wurde zudem das Thema Flüchtlingshilfe. Dr. Peter Wengefeld schilderte die Situation im Landkreis Heidenheim vor rund zwei Jahren, als die Flüchtlingszahlen deutlich angestiegen waren. Wie Wengefeld deutlich machte, habe es den Freundeskreis Asyl Heidenheim schon zuvor gegeben, der Anstieg der Flüchtlingszahlen ab 2014 habe dann  zur Bildung zehn weiterer Freundeskreise im Landkreis geführt, die sich ab Mitte 2015 zu einem Netzwerk Asyl im Landkreis Heidenheim zusammengeschlossen haben. Insgesamt waren zwischenzeitlich rund 1000 Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe im Landkreis Heidenheim aktiv. Auch nach dem Rückgang der Zuweisungszahlen habe das ehrenamtliche Engagement enorme Bedeutung zur Unterstützung der Integration der Geflüchteten. Im von der Stadt erworbenen und unter Federführung des Landkreises betriebenen Integrationszentrum Heidenheim (IZH) würden hierbei ideale Voraussetzungen geschaffen, um den Flüchtlingen auf kurzen Wegen eine passgenaue Bearbeitung ihrer Anliegen zu ermöglichen, sowie deren Berufseinstieg durch spezifische Angebote zu erleichtern. Hinzu komme das Begegnungszentrum Migration und Ehrenamt (BZME) in der ehemaligen Waldkirche, in dem Raum für Begegnungen ermöglicht werde. Wengefeld schilderte aber nicht nur die Stützen, sondern auch die Hemmnisse in der Flüchtlingshilfe: Unter anderem seien dies Unterschiede im Status der Geflüchteten, die schleppende Familienzusammenführung und die mögliche Abschiebung von Geflüchteten in der Ausbildung.

Auf das Ehrenamt im Sport ging Dr. Volker Wiedenmann näher ein, der den Heidenheimer Sportbund 1846 e.V. vorstellte. Besonders in den Fokus rückte er die Schwierigkeiten bei der ehrenamtlichen Tätigkeit. So werde ein gemeinnütziger Verein rechtlich behandelt wie ein Wirtschaftsunternehmen – obwohl er gar keine Gewinne machen dürfen. Aufgrund der Behandlung der Vereine, als seien sie Wirtschaftsunternehmen, und wegen des Erlasses von neuen Bundesgesetzen haben sich die Verwaltungskosten des Heidenheimer Sportbunds allein von 2009 bis 2017 von ca. 60.000 Euro pro Jahr auf 160.000 Euro pro Jahr erhöht, betonte Wiedenmann. Es bedürfe dringend der Hilfe des Gesetzgebers, damit Ehrenamtliche nicht durch bürokratische Hürden daran gehindert würden sich für die Gesellschaft einzubringen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Besuch im Congress Centrum Heidenheim beim Ehrenamtstag
Fotograf: Oliver Vogel

In der Podiumsdiskussion zeigte die Bundeskanzlerin besonders an den Hürden, denen sich das Ehrenamt gegenübersieht, großes Interesse. Gleichzeitig machte sie aber auch deutlich, dass jede Form von Rechtssicherheit, beispielsweise bei der Unfallversicherung oder beim Kinder- und Jugendschutz, auch Regelungen mit sich bringe. Das richtige Maß zu finden sei hierbei schwierig. Auch auf den Wunsch nach mehr praktischer Wertschätzung für das Ehrenamt ging sie gezielt ein – für besonders wichtig hält sie regionale Anerkennungen, beispielsweise ermäßigte Kulturangebote, wie sie in vielen Kommunen bereits umgesetzt werden. Aber auch eine Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätigkeit beim Studienantritt – etwa bei der Berechnung des Numerus Clausus – sieht die Bundeskanzlerin positiv. Wenn sie einen Wunsch frei hätte, würde sie von Seiten des Bundes wie bei den Mehrgenerationenhäusern eine Summe für Anlaufstellen für Ehrenamtliche in Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern zur Verfügung gestellt werde.

Auch im Bereich Flüchtlingshilfe, insbesondere beim Thema Familienzusammenführung, zeigte die Kanzlerin große Anteilnahme. Sie wisse, dass dies auch für die Helfer oft eine Zerreißprobe sei. Sie bat gleichzeitig um Verständnis, dass nicht alles auf einmal geschehen könne. Abschließend rief die Kanzlerin die Ehrenamtlichen dazu auf, die Probleme und Hürden, denen sie sich stellen müssen, zu sammeln und zuzuschicken – das sei ein wichtiges Thema, so die Kanzlerin, die sich zuversichtlich zeigte, dass kleine Verbesserungen ermöglicht werden können.

Landrat Thomas Reinhardt dankte der Kanzlerin für ihr Kommen und überreichte ihr einen Korb mit Präsenten von Stadt und Landkreis. Zudem wandte er sich noch einmal an die über 1000 Gäste im Congress Centrum, die stellvertretend für alle Ehrenamtlichen im Landkreis Heidenheim am Ehrenamtsempfang teilnahmen: „Ohne Sie gäbe es keinen Schutz und keine Hilfe, kein Miteinander und kein Füreinander, ohne Sie wäre unsere Gesellschaft arm, ja armselig und trostlos. Dank Ihnen gibt es bei uns eine lebenswerte, aktive und solidarische Bürgergesellschaft.“

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