Ein Gespräch von Laura Werling mit Bettina Windau über die Anfänge und die Entwicklung des Programms „Engagierte Stadt“ von August 2021. Bettina Windau war bis 2021 bei der Bertelsmann Stiftung tätig.
Das Programm Engagierte Stadt wurde 2015 von einem Träger*innenkonsortium der Bertelsmann Stiftung, der BMW Stiftung Herbert Quandt, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Generali Zukunftsfonds, der Herbert QuandtStiftung, der Körber-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung gegründet.
Wie ist die Idee zur „Engagierten Stadt“ entstanden?
Können Sie sich noch an den Moment erinnern?
Bettina Windau: „Ja, das waren eigentlich zwei Impulse. Einerseits die langjährige operative Arbeit der Bertelsmann Stiftung zur Entwicklung der Zivilgesellschaft – und meine ganz persönliche Erfahrung mit Engagement in einer Kleinstadt. Ich habe selbst erlebt, wie viel Potenzial dort in freiwilligem Engagement steckt – und wie selten diese Kraft systematisch unterstützt oder gehört wurde.
Andererseits war es ein politischer Impuls: Der Bericht der Enquetekommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ von 2002 hat zentrale Handlungsfelder benannt – von besseren Mitbestimmungsmöglichkeiten bis zur Infrastrukturförderung. Es folgten weitere Impulse auf Bundesebene, etwa das Nationale Forum für Engagement und Partizipation 2009. Dort Dort zeigte sich deutlich: Es braucht ein gemeinsames Verständnis und bessere Rahmenbedingungen – gerade für kleinere Organisationen vor Ort.“
Wie sah Ihre Vision damals aus?
Bettina Windau: „Mir war wichtig, die Kluft zwischen politischen Fachdebatten und der Realität vor Ort zu überbrücken – und die Praxis zu stärken. Ich wollte nicht nur auf Großstädte schauen, sondern vor allem in die kleinen und mittleren Städte gehen, wo Engagement das Rückgrat des gesellschaftlichen Lebens ist. Das war meine Vision: Engagementförderung dahin bringen, wo sie gebraucht wird – lokal, vernetzt und auf Augenhöhe.“
Wie wurde aus der Idee ein gemeinsames Programm mit vielen Partner*innen?
Bettina Windau: „Es gab ja einige Stiftungen, die zu dem Thema gearbeitet haben. Man traf sich bei Veranstaltungen und Foren, auch gelegentlich in Ministerien. Und es war schon ein Gefühl dafür da, dass es besser wäre, in irgendeiner Art und Weise gemeinschaftlich zu arbeiten. Und ich sage das mit Absicht so diffus, weil es auch tatsächlich so war. 2012 wurde ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, das den Willen zur Zusammenarbeit dokumentierte. Wie diese Zusammenarbeit konkret aussehen würde, war anfangs noch offen. In intensiven Gesprächen – besonders zwischen Körber-Stiftung, Bertelsmann Stiftung und Robert Bosch Stiftung – entwickelte sich daraus schließlich das Programm „Engagierte Stadt“.
Zentral war dabei von Anfang an der kollaborative Ansatz: Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft arbeiten gemeinsam. Auch wenn wir damals noch nicht theoretisch vom „Collective Impact“-Modell sprachen, haben wir viele Prinzipien davon intuitiv umgesetzt.“
Was hat zum Erfolg der Zusammenarbeit beigetragen?
Bettina Windau: „Die Trägerinnen und Partnerinnen brachten jeweils Expertise und Themenfelder ein – das hat sich gut ergänzt. Es gab ein klares Ziel, langfristige Wirkung und eine starke Praxisanbindung. Dass wir selbst vor Ort in den Engagierten Städten unterwegs waren, war enorm hilfreich, um die Vielfalt und die konkreten Herausforderungen besser zu verstehen.“
Was war der Beitrag der Bertelsmann Stiftung?
Bettina Windau: „Zu Beginn waren wir intensiv an der Konzeption und am Auswahlverfahren der ersten Städte beteiligt, haben die Wirkungsanalyse mitentwickelt und uns stark in der Kommunikation engagiert. Später kam das Tandem-Modell hinzu, das den Wissenstransfer zwischen erfahrenen und neuen Engagierten Städten ermöglicht, welches wir mit der Breuninger Stiftung entwickelt haben. Wie ich finde, eine sehr wichtige konzeptionelle Grundlage für das Wachstum und den Wissenstransfer im Netzwerk. Wissen aus der Praxis sollte immer ein zentraler Bestandteil des Programms sein.“
