Engagement zur Unterstützung von Familien

Starke lokale Engagementstrukturen zur Unterstützung von Familien in belastenden Lebenslagen

Familien in schwierigen, belastenden Lebenssituationen sollen unkompliziert, schnell und möglichst passgenaue Unterstützung und Anleitung erfahren. In Deutschland sind „Frühe Hilfen“ für Familien mit Kindern bis 3 Jahre mittlerweile etabliert. Doch Unterstützungsbedarfe und Armutslagen enden nicht mit dem vierten Lebensjahr. Bei der Implementierung wirksamer Ansätze und Programme in die Praxis stellt sich jedoch immer wieder die Herausforderung, wie interdisziplinär und nachhaltig vor Ort Zusammenarbeit gut gelingen kann. Qualitativ hochwertige, haupt- und ehrenamtliche Angebote sind dabei ein Schlüssel zum Erfolg.  

Zusammen statt nebeneinander her – Vernetzung und Kooperation erhöhen die Vielfalt von Angeboten und senken die Zugangshürden für Familien in belastenden Lebenslagen 

Das Projekt „Stärkung lokaler Engagementstrukturen zur Unterstützung von Familien in belastenden Lebenslagen“ widmet sich der Vernetzung und Kooperation sowie dem Zusammenspiel professioneller und ehrenamtlicher Angebote. Damit stärken die auridis Stiftung und die Engagierte Stadt lokale Engagementstrukturen zur Unterstützung von Familien in belastenden Lebenslagen in fünf deutschen Pilotstädten. Seit April 2021 werden die fünf Engagierten Städte Ammerbuch, Görlitz, Wetzlar, Lilienthal und Flensburg zwei Jahre in ihren Modellvorhaben begleitet. Sie optimieren und entwickeln lokale Vernetzungsstrukturen und die Hilfen vor Ort weiter. Denn die Annahme ist: Vernetzung und Kooperation erhöhen die Vielfalt von ehrenamtlichen Angeboten und senken die Zugangshürden für Familien in belastenden Lebenslagen. Ziel ist es im Anschluss, Gelingensbedingungen und nachhaltige Ansätze in weitere Kommunen und Städte und Gemeinden zu tragen. Begleitet wurden die fünf Engagierten Städte vor Ort strategisch und methodisch durch die Akademie für Ehrenamtlichkeit. 

Wir stellen vor, wie das gelingen kann.

Flensburg

Die gemeinnützige Organisation Schutzengel vermittelt Mentoren an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Da nicht jede und jeder mit den gleichen Voraussetzungen ins Leben startet, möchte Schutzengel mit dem ehrenamtlichen Mentorenprogramm Kinder und jungen Erwachsenen eine Bezugsperson außerhalb des Elternhauses und der Schule zur Seite stellen. Im Familienzentrum erfährt die ganze Familie Unterstützung – auch über Frühe Hilfen hinaus. In einem Audio-Podcast erzählen erzählen Mentee Justin, Mentor Thomas und Volker Syring von Schutzengel von ihren Erfahrungen.

Audio 1 Einführung Mentorenprogramm


Audio 2 Perspektive Mentor Thomas über seine Unterstützung in Schleswig und Flensburg


Audio 3 Perspektive Mentee Justin


Audio 4 Perspektive Schutzengel Volker Syring, Geschäftsführung Schutzengel gGmbH


Görlitz

Nachgefragt bei Lisa Bail, Koordinatorin Engagierte Stadt Görlitz.
Wie war die Situation vor der Durchführung des Projektes in Görlitz?
Welche Herausforderungen gab es?

Es gab bislang viele Einzelprojekte, die punktuell ehrenamtlich daran arbeiteten, Familien in belastenden Lebenslagen zu unterstützen. Eine stadtweite Vernetzung der unterschiedlichen Initiativen war nicht kontinuierlich gegeben – es fehlte an Austausch- und Begegnungsformaten für Engagierte und Fachkräfte, die durch Hauptamtliche koordiniert wurden. Einzelne Netzwerke waren aufgrund personeller Fluktuation weggebrochen.

Wie sieht die Situation heute aus? Welche Lösung habt ihr gefunden?
Über das Projekt konnten kontinuierlich Begegnungsräume geschaffen werden, die eine wichtige Basis für Vernetzung und Zusammenarbeit darstellen und einen fachlichen Austausch ermöglichen. Mit der Verstetigung des Familiengipfels durch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Görlitz in Kooperation mit dem Görlitz für Familie e.V. wird ein wesentlicher Bestandteil der Vernetzungsarbeit über die Pilotphase hinaus fortgesetzt. Das Angebot der digitalen Austauschplattform für Engagierte im Integrationsbereich, welches durch personelle Fluktuation wegzubrechen drohte, konnte aufgefangen und kooperativ mit dem SG Integration des Landkreis Görlitz weitergeführt werden. Engagement braucht Wertschätzung und Interessensvertretung aber auch viele Mitwirkende. Diesen Bedarfen sind wir mit der verstärkten Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit zu den Themen Integration und verbesserte Teilhabe begegnet.


Zum Nachmachen: Format Familiengipfel am Beispiel von Görlitz


Lilienthal

„Haus der Vielfalt“ – unser neuer Begegnungsort
Eine gemeinsame Wirkungsstätte konnte realisiert werden. Die FAL hat ihre Büroräume im September 2022 in das Konventshaus verlegt. Das Haus bietet viele Möglichkeiten. Hier können Vereine, Institutionen und Gruppen ihre Veranstaltungen und Angebote durchführen. Erste Angebote finden bereits im Haus statt, insbesondere die Zielgruppe der Menschen mit Migrationshintergrund ist gut über die Angebote im Begegnungsort informiert. Bisherige Angebote: Nachhaltiges Kochen mit Kindern, Nachhilfeprojekte, Familienflohmarkt, Winterspielplatz, Kulturveranstaltungen, u.s.w. Seit Herbst 2022 nutzten bereits ca. 15 Vereine und Organisationen den Begegnungsort für ihre Veranstaltungen und Aktionen. Das Haus wird weiterhin bei Vereinen beworben, um sich zu einem Begegnungsort mit vielfältigen Angeboten zu entwickeln.

Die Bedürfnisabfrage der lokalen Familien stellte u.a. heraus, dass ein großer Unterstützungsbedarf für die tägliche Nachmittagsgestaltung besteht. Auffallend dabei, die Familien hatten wenig Kenntnis zu den vorhandenen Möglichkeiten, trotz der großen Vereinsvielfalt in der Gemeinde. Daraus hat sich eine AG zusammengefunden, die ein Konzept für „Freizeit-Guides“ gestaltet hat , um Familien bedarfsgerecht zu informieren und Vereine zu kontaktieren.

Durch das Familienprojekt wurde die Freiwilligenagentur Kooperationspartnerin der Kommunalen Jugendarbeit für das „nachhaltige Familienfrühstück“, dass zweimal im Jahr stattfindet. Zudem wurde zweimal ein Familienflohmarkt durchgeführt, bei dem über bestehende Familienangebote informiert wurde. Der Flohmarkt soll nun regelmäßig mindestens zweimal im Jahr organisiert werden. Die eingenommenen Spenden über einen Kuchenverkauf werden für weitere Familienprojekte genutzt. Zudem nutzten insbesondere Familien mit Migrationshintergrund und von Armut betroffene Familien (sowohl den Flohmarkt als auch den Informationsstand). Aufgrund der guten Vernetzung haben sich Teilnehmende am Familienprojekt gemeinsam auf den Weg gemacht und den Verein Spacial Kids gegründet, um die Angebotslücke für Kinder mit speziellen Bedarfen (ADHS, Autismus-Spektrum-Störung, Hochbegabung, etc.) in Lilienthal zu füllen.

Ammerbuch

Annemarie Lemeunier erzählt, was sich in Ammerbuch durch das Pilotprojekt bewegt hat:
„Das auridis-Projekt mit seiner externen Beratung hat uns zum einen den Anschub gegeben, das Ehrenamt verstärkt auch bei der Unterstützung von Familien in belastenden Situationen mitzudenken. Zum anderen wurden Ressourcen geschaffen, um verschiedene Organisationen vor Ort, die – hauptamtlich oder ehrenamtlich – mit Familien arbeiten, besser zu vernetzen und die Öffentlichkeitsarbeit weiterzuentwickeln. Entstanden ist die Lenkungsgruppe „Gut Aufwachsen in Ammerbuch“. Gemeinsam haben wir Projekte auf den Weg gebracht, wie z.B. das sogenannte „Hallo-Päckle“. Dieses erhalten jetzt alle Familien mit einem neugeborenen Kind in Ammerbuch. Es enthält u.a. einen Flyer mit Unterstützungsangeboten für Familien vor Ort. Wir haben zusammen mit Ehrenamtlichen eine Schulranzenaktion auf die Beine gestellt, bei der sehr gut erhaltenen Schulranzen kostenlos weitergegeben werden. Wir haben auch erreicht, dass Ferienangebote für Kinder vermehrt kostenlos angeboten werden, so dass die Teilnahmegebühr keine Hürde für Familien mit geringem Einkommen darstellt. Nun arbeiten wir daran, einen organisationsübergreifenden Patenpool in Ammerbuch zu konzipieren. Die Idee ist, dass bei Bedarf Unterstützung durch Ehrenamtliche in kurzfristigen oder länger andauernden Situationen schnell und unbürokratisch vermittelt werden kann. Um an den Anschub durch das auridis-Projekt für weitere Jahre zu anzuknüpfen, haben wir uns erfolgreich für eine Förderung von kommunalen Präventionsnetzwerken beworben, die die personelle Umsetzung der Projektkoordination vorläufig sichert.“

Und wie sind die Ammerbucher gestartet?
„Familien mit Kindern in belastenden Lebenssituationen zu unterstützen, war uns bereits vor dem Projekt ein Anliegen. Es gab auch schon einen Thementisch, der sich mit Kinderarmut beschäftigt hat. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Engagierte Stadt Ammerbuch („Ammerbuch Aktiv – Vielfalt Verbindet“) in Kooperation zwischen der Gemeinde und einem Jugendhilfeträger (kit jugendhilfe) organisiert wird. Unser Kernteam besteht zum Teil aus (Sozial-)Pädagoginnen und wir sind in Ammerbuch in Feldern der Jugendhilfe tätig. Vor diesem Hintergrund hatten wir bereits Anknüpfungsmöglichkeiten für das auridis-Projekt. Um Organisationen im Gemeinwesen wirkungsvoll zu vernetzen, die Zugang zu Familien haben, und um Ehrenamtliche darin zu beraten und zu unterstützen, in dem Aufgabenfeld tätig zu sein, haben jedoch v.a. die personellen Ressourcen gefehlt.“

Engagmentförderung in den Frühen Hilfe

Video und Arbeitsmaterialien (Link folgt)