Als sich Hans Werner Preuhsler zum Netzwerktreffen der Engagierten Stadt aufmacht, hat er nur eine vage Vorstellung, was ihn in Berlin erwartet. Eine konkretes Anliegen hat er jedoch in jedem Fall: Preuhsler möchte seine Vision vorantreiben: eine an den Genossenschaftsprinzipien angelehnte Trägerstruktur für das künftige ehrenamtliche Engagement im thüringischen Apolda, um die Stadt und das Umland noch lebenswerter zu machen. Der Gründungs- und Finanzierungsbegleiter der Thüringer Mikrofinanzagentur steckt viel Zeit in sein Ehrenamt. Was treibt Preuhsler an, neben Familie und Job Treffen zu organisieren, Berichte zu schreiben und selbst mit anzupacken? Zum einen die in gut 10 Jahren gewachsene Verbundenheit mit seiner Wahlheimat, die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten in Apolda und in der Region sowie insbesondere das Zusammensein mit anderen engagierten Menschen, die sich in ihrer Freizeit für das Gemeinwohl einbringen. Menschen, wie es sie in vielen Städten Deutschlands gibt, von denen 50 das Siegel „Engagierte Stadt“ tragen.
Im April sind 120 dieser Menschen zum dritten Netzwerktreffen der Engagierten Stadt in Berlin zusammengekommen (Fotos hier). Er habe die Hoffnung, andere Engagierte kennenzulernen und sich austauschen zu können, sagt Preuhsler am Rande des Treffens in der Robert Bosch Stiftung, einem der Partner, die hinter dieser Initiative stehen.
„Oft fühlt man sich als Engagierter in seiner Region alleingelassen“, ergänzt ein anderer Teilnehmer. Beide Männer sind sich einig, dass die Engagierte Stadt dies verändert hat: Wer sich engagiert, weiß, dass es noch in vielen weiteren Städten Menschen gibt, die das ebenfalls tun.
Das Programm Engagierte Stadt, das 2015 auf Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung, der BMW Stiftung Herbert Quandt, der Generali Deutschland AG, der Herbert Quandt Stiftung, der Körber-Stiftung und der Robert Bosch Stiftung ins Leben gerufen wurde, setzt genau da an. Gegenseitige Hilfestellung, Vernetzung und Voneinander-Lernen seien zentrale Aspekte des Programms, betont die Parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner (SPD) in ihrer Rede beim Netzwerktreffen. „Das ist einzigartig!“
Kein Wunder also, dass sich das Bundesministerium mitsamt alten und neuen Partnern dazu entschlossen hat, das Programm um zwei weitere Jahre zu verlängern. Die Devise lautet: stabile und fruchtbare Zusammenarbeit durch dauerhafte Förderung, anstatt kurzlebiger Leuchtturmprojekte.
Bei der Veranstaltung sind die Plätze schnell gefüllt. Viele Teilnehmer nicken sich zu, man kennt sich, ist seit Anfang an dabei und freut sich Mitstreiter zu sehen. Unter den Engagierten sind Kindergärtner, Landschaftsarchitektinnen sowie Verwaltungsangestellte. Was sie eint, ist die Idee, dass die Gesellschaft ehrenamtliches Engagement benötigt.
Was sie antreibt, beschreibt dann Gerald Hüther: „Wir haben kein Erklärungsproblem. Wir haben ein Umsetzungsproblem“, sagt der Neurobiologe zu Beginn – und erntet Zustimmung aus dem Publikum. Hans Werner Preuhsler sieht das ganz ähnlich, er drückt es nur anders aus: „Wir haben eigentlich viele Menschen, die loslegen und helfen möchten. Damit wir aber nicht immer nur über ehrenamtliches Engagement reden, benötigen wir vernetzte Ermöglichungsstrukturen mit einem offenen und niedrigschwelligen Zugang, der für potenzielle Mitmacher attraktiv ist, Raum für ein aktives selbstbestimmtes Engagement bietet und auch die Kommunikationswege des Internet nutzt.“
Für alle im Raum steht fest: Der Erfolg einer Engagierten Stadt steht und fällt mit den Personen, die daran beteiligt sind. Immerhin zeigt der aktuelle Engagementbericht des Familienministeriums eine positive Tendenz auf. Es gibt wieder mehr Menschen, die sich für das Gemeinwohl einbringen wollen.
Menschen wie Hans Werner Preuhsler. Am Ende des Netzwerktreffens ist auch er zufrieden. Zwei anstrengende Tage liegen hinter ihm und trotzdem versprüht er immer noch dieselbe Energie wie zu Beginn, die Lust etwas zu bewegen. Für sich und die Menschen in Apolda, seiner Engagierten Stadt.
Hier können Sie sehen, was in Engagierten Städten wie Flensburg oder Stendal passiert: https://www.youtube.com/watch?v=npW3E8vo_vE